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Der freie Fall

Schlagwörter: Fallbewegung, freier Fall, Fallgeschwindigkeit, Idealisierung, Vakuum, Fallröhre, Fallrohr, Soundkartenanalyse

Der freie Fall ist eine Idealisierung der Fallbewegung. Dabei wird angenommen, dass die Fallbewegung im Vakuum stattfindet. Damit können die Form und die Größe des fallenden Körpers, sowie die Dichte des umgebenden Mediums vernachlässigt werden. 

Ausgehend von den in den Fallbewegungen aufgestellten Hypothesen, können wir die Hypothesen für den freien Fall auf folgende Größen reduzieren:

  • Masse des Körpers
  • Fallhöhe
  • Ortsfaktor

Einfluss der Masse

Welchen Einfluss hat die Masse eines Körpers auf seine Fallgeschwindigkeit?

Hypothese: „Je größer die Masse, desto schneller fällt der Körper.“ Das ist eine Beobachtung, die uns aus dem Alltag bestens vertraut ist. Dazu führen wir folgendes Gedankenexperiment durch.

Ein Blatt Papier fällt zu Boden und wir messen die Zeit dafür benötigte Zeit. Jetzt knüllen wir diese Blatt zusammen und messen die Zeit erneut. Obwohl sich durch das Knüllen des Blattes die Masse nicht geändert hat, hat sich die Fallzeit deutlich reduziert. Klar! Die Querschnittsfläche und somit die Reibung mit der Luft sind deutlich geringer geworden.  Da wir aber den Fall zunächst im Vakuum betrachten wollten, müssen wie das Experiment so anpassen, dass wir die Reibung vernachlässigen können.

Dazu betrachten wir einen Stein und eine Feder in einer Röhre. Die Röhre hat eine Öffnung, über die wir die Röhre belüften und evakuieren (Luft absaugen) können.

  1. Der Hahn an der Röhre ist geöffnet. Wir beobachten, dass der Stein deutlich schneller fällt als die Feder.
  2. Jetzt evakuieren wir die Röhre. Wir beobachten, dass Feder und Stein gleich schnell fallen.

Die Beobachtung im Vakuum stimmt nicht mit unseren Erfahrungen überein. Wie kommt das? Beobachtungen im Vakuum gehören nicht zu unseren Alltagserfahrungen und wirken daher fremd. 

Wenn wir die Röhre wieder belüften, dann fällt der Stein wieder deutlich schneller als die Feder.

01 Fallröhre belüftet / evakuiert

Damit können wir die erste Hypothese (Abhängigkeit von der Masse) verwerfen (falsifizieren).

Im Vakuum fallen alle Körper gleich schnell.

 Vergleiche hierzu auch das Gedankenexperiment des Galilei.

Ortsfaktor

Die Abhängigkeit vom Ortsfaktor können wir in der Schule nicht überprüfen. Der folgende Link führt zu einem Video von Fallversuchen auf dem Mond. Die Beobachtung zeigt, dass der Ortsfaktor einen Einfluss auf die  Fallgeschwindigkeit des Körpers hat.

mathematische Beschreibung der Fallbewegung

Um den Freien Fall mathematisch zu beschreiben, benötigen wir geeignete Messwerte. Da die Fallbewegungen in der Regel sehr schnell ablaufen, wird hier sicher die Zeitmessung den höchsten Anspruch an die Messung liefern.

Versuchsideen

  1. Fall einer Kugel im Treppenhaus
  2. Fallröhre und Soundkarte des Rechners
  3. Videoanalyse (auf Extraseite)
  4. Fallversuche mit Soundkarte und Lautsprecher (auf Extraseite)
  5. Lichtschrankenversuche (auf Extraseite)
  6. Schwefel Platte (auf Extraseite)

Vorbetrachtungen

Bei keinem der Versuche können wir ein Vakuum realisieren. Daher wird es erforderlich sein, die Luftreibung so gering wie möglich zu halten. Daher bieten sich für die Versuche massive Kugeln an.

zu 1. Fall einer Kugel im Treppenhaus

Eine Kugel wird aus verschiedenen Höhen fallen gelassen. Die Fallzeiten werden in einem t-s-Diagramm aufgetragen.

Nachteil: Die Zeitmessungen mit einer Handstoppuhr sind sehr ungenau. 

freier Fall Experiment
Experiment-Freier Fall im Treppenhaus

zu 2. Fallröhre und Soundkarte des Rechners

Die Fallröhre besteht im Wesentlichen aus einer 1 m langen Kunststoffröhre. Um die Röhre sind im Abstand von jeweils 10 cm 20 Windungen Kupferlackdraht gewickelt. Diese jeweils 20 Windungen bilden eine Spule. Die 10 Spulen sind in Reihe geschaltet, d.h. der Kupferlackdraht wird fortlaufend gewickelt.

Die Enden des Kupferlackdrahtes werden auf einen Klinkenstecker gelötet. Dieser Klinkenstecker wird an den Mikrofoneingang eines Rechners angeschlossen.

Durch die Röhre lassen wir jetzt einen Magneten fallen. Auf seinem Weg durch die Röhre fällt der Magnet durch die einzelnen Spulen. Dabei wird eine Spannung induziert. Diese Spannung wird als Signal an die Soundkarte des Rechners übertragen. Mit einem geeigneten Programm (z.B. audacity) können wir diese Spannungsimpulse auswerten.

02 Versuchsaufbau

Selbst die ältesten Soundkarten haben eine Sampling Rate von 44,1 kHz. Das bedeutet, das Messwerte in einem Abstand von ca. 22,7 µs aufgenommen werden (neuerer Soundkarten deutlich höher).

Mit Soundkarten können Wechselspannungen (20Hz -20kHz) im Spannungsbereich von 5 mV bis 1 V aufgezeichnet werden.

Neuer Laptops verfügen häufig über keine Audioeingänge. Hier kann man sich mit einer USB-Soundkarte behelfen. Diese werden über einen USB Eingang angeschlossen. Brauchbare USB-Soundkarten sind  für weniger als 10 € zu bekommen.

zum Experiment

Nachdem die Fallröhre an den Rechner angeschlossen und das Programm audacity gestartet wurde, wird die Aufnahme gestartet. Dann lassen wir den Magneten durch die Röhre fallen und stoppen die Aufnahme.

audacity liefert die folgende Ansicht.

03 audacity - Oberfläche

An der Aufnahme können wir erkennen, wie der Magnet jeweils durch die einzelnen Spulen fiel. Für die Messungen wählen wir den Nulldurchgang auf der Zeitachse, da sich hier der Magnet in der Mitte der Spule befand.

Wir können weiter erkennen, dass die Zeitabschnitte, die der Magnet von einer Spule zur nächsten benötigte, immer kürzer wurden. Es wurden also in zunehmend kürzeren Zeiten gleiche Wege zurückgelegt.

Jetzt zoomen wir auf den relevanten Bereich der Tonaufnahme. Und beobachten folgendes Bild. Wenn wir einen Bereich markieren (Abb. 04) dann können wir in der unteren Leiste die Zeit auf 1/1000 s ablesen. Von der ersten zur zweiten Spule hat der Magnet die Zeit 0,069 s benötigt. Wir setzen die Messungen fort und übertragen sie in eine Messwerttabelle.

04 audacity - Messungen
04B Zoom auf untere Leiste

Jetzt messen wir die Abstände zwischen unseren Spulen und übertragen die Messwerte in eine Tabelle. Da sich die erste Spule 5 cm unterhalb des Randes der Röhre befindet, beginnen wir bei 5 cm. Der Abstand zwischen den Spulen beträgt 10 cm

Messwerte und Auswertung

Wir führen eine Regression durch. Da es sich um eine beschleunigte Bewegung handeln muss, wählen wir eine quadratische Regression aus.

Die quadratische Regression der Form y = ax2+bx+c liefert die Gleichung:

y=4,702 x2 +1,104 x +0,051

Die Korrelation ist mit R2=1 perfekt.

Wir übersetzen die Regressionsgleichung in die Physik. Dazu schauen wir uns die einzelnen Parameter a, b und c an.

zu y: Da wir hier den zurückgelegten Weg in Abhängigkeit von der Zeit betrachten, hat y die Dimension des Weges s. Da hier eine Summe vorliegt, muss auch jeder der Summanden (ax2 + bx + c) die Dimension des Weges haben. 

zu a: at2 muss die Einheit 1 m haben. 

{\large \begin{array}{l}\left[ a \right]\cdot {{s}^{2}}\,=\,1\,m\\\left[ a \right]\,\,\,\,\,\,\,\,=\,1\,\frac{m}{{{s}^{2}}}\end{array}  }

Parameter a hat die Einheit der Beschleunigung. 

zu b: b·t muss die Einheit 1 m haben. 

{\large \begin{array}{l}\left[ b \right]\cdot s\,=\,1\,m\\\left[ b \right]\,\,\,\,\,\,\,\,=\,1\,\frac{m}{s}\end{array}}

Also hat b die Dimension der Geschwindigkeit.

zu c: c steht als einzelner Summand, muss also auch die Dimension des Weges haben.

Die Regressionsgleichung entspricht der allgemeinen Form der gleichmäßig beschleunigten Bewegung mit Anfangsgeschwindigkeit v0 und Vorlaufstrecke s0.

{\large s(t)\,=\frac{a}{2}{{t}^{2}}\,+\,{{v}_{0}}\cdot t\,+\,{{s}_{0}}}

Wenn der Magnet die erste Spule nach 5 cm erreicht, dann hat er bereits die Geschwindigkeit v0 erreicht und den Weg s0 zurückgelegt. Beide Größen finden wir in der Regressionsgleichung wieder.

Der berechnete Parameter a entsprach der halben Beschleunigung (a/2) damit haben wir hier eine Beschleunigung von {\large 2\cdot 4,7\frac{m}{{{s}^{2}}}\,=\,9,4\,\frac{m}{{{s}^{2}}} }

Der Tabellenwert für die Fallbeschleunigung g in unseren Breiten liegt etwas höher, bei  { 9,81\,\frac{m}{{{s}^{2}}} } .

In unseren Breitengeraden, auf dem Nullniveau, werden fallende Körper mit { 9,81\,\frac{m}{{{s}^{2}}} } beschleunigt.

Die Fallbeschleunigung hat das Formelzeichen g. Sie entspricht dem Ortsfaktor.

Für die meisten Rechnungen sind  3 signifikante Stellen nicht erforderlich, i.d.R. reicht es völlig aus, hier auf { 10\,\frac{m}{{{s}^{2}}} } zu runden.

{\large g\,\approx \,10\,\frac{m}{{{s}^{2}}} }

Die experimentell ermittelte Fallgeschwindigkeit ist kleiner als der Literaturwert. Das wird auch bei einer mehrfachen Wiederholung des Experimentes der Fall sein. 

Dafür gibt es zwei Gründe:

  1. Reibungseffekte zwischen dem fallenden Magneten und der Luft können nicht ausgeschlossen werden. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Magnet beim Fall mit der Wand der Fallröhre in Kontakt tritt. Beides würde die Bewegung hemmen.
  2. Den zweiten Grund liefert der Messprozess. Die Messwerte in Form von elektromagnetischen Impulsen entstehen durch Induktion. Wenn der Magnet durch eine der Spulen fällt, dann wird eine Spannung induziert. In der Spule fließt ein Strom. Nach der LENZschen Regel muss die Bewegung gebremst werden. Das zeigt, dass auch der Messprozess häufig die zu messende Größe beeinflusst.

selber experimentieren

Wenn ihr kein Fallrohr habt, das Experiment aber trotzdem gerne ausprobieren bzw. auswerten möchtet, dann findet ihr unter folgendem Button die mp3-Datei des aufgenommenen Falls. Nach dem Download kann die Datei mit audacity oder einem anderen Soundanalyse Programm geöffnet werden.