Der waagerechte Wurf
waagerechter Wurf, zusammengesetzte Bewegung, Superpositionsprinzip, freier Fall, Wurfparabel
Klaus und Fritz stehen auf dem 10 m Turm. Klaus behauptet, wenn er mit Anlauf über die Kante springt, dann ist er länger in der Luft, trifft also später im Wasser auf. Er begründet das damit, dass er eine weitere Strecke in der Luft zurücklegt. Hat Klaus Recht?
Bevor wir die Frage von Klaus und Fritz klären, wollen wir überlegen, auf welcher Bahn sich Klaus bewegen wird. Klaus wird mit einer Geschwindigkeit von 2 m/s anlaufen.
Hypothese zur Bahnkurve
Vom Coyoten und dem Roadrunner kennen wir die Bewegung längs der Bahn A. Wie realistisch ist das?
Beobachtungen in der Praxis zeigen, dass Bahn B die tatsächliche Bahn ist. Aber ist Klaus, der sich auf Bahn B bewegt wirklich länger in der Luft?
- Klaus bewegt sich mit einer Anfangsgeschwindigkeit von 2 m/s in x-Richtung.
- Fritz lässt sich fallen, vollführt also nur eine Bewegung in y-Richtung.
Modell – Experiment
Das Experiment von Klaus und Fritz können wir mit einem Laborexperiment simulieren ►04. Dazu lassen wir eine Kugel (1) eine Bahn hinabrollen. Die Kugel beschleunigt auf eine Geschwindigkeit v. Da das letzte Stück der Bahn horizontal verläuft, verlässt die Kugel (1) die Bahn in horizontaler Richtung, bzw. in x-Richtung. Die Kugel (1) hat also eine Geschwindigkeit in x-Richtung vx.
Eine zweite Kugel (2) hängt an einem Elektromagneten. Wenn Kugel (1) am Ende der Bahn die Lichtschranke passiert, dann wird der Stromkreis des Elektromagneten unterbrochen. Kugel (2) beginnt in dem Moment zu fallen, wenn Kugel (1) die Bahn verlässt.
Der waagerechte Wurf
Wir sehen, dass beide Kugeln stets auf der selben Höhe sind. Beide Kugeln fallen gleich schnell.
Damit ist auch die Ausgangsfrage von Klaus und Fritz geklärt. Klaus und Fritz werden gleichzeitig im Wasser auftreffen.
Während Kugel (2) einen freien Fall vollzieht, nennen wir die Bewegung von Kugel (1) einen waagerechten Wurf.
Die Spule dient hier als Elektromagnet. Fließt ein Strom durch die Spule, dann baut sich in der Spule ein Magnetfeld auf. Das Magnetfeld wird durch den ferromagnetischen Kern verstärkt.
Wenn der Stromfluss in der Spule unterbrochen wird, dann bricht auch das Magnetfeld zusammen. Das passiert im Kern aber nicht ad hoc. Der Kern wird, in Abhängigkeit vom Material verhältnismäßig langsam und nicht vollständig entmagnetisiert. Bedingt durch die Hysterese des Kerns bleibt ein Teil der Magnetisierung des Kerns erhalten (Remanenz). Die Kugel würde erst verzögert oder gar nicht vom Elektromagneten getrennt werden.
Durch die Wechselspannung baut sich das Magnetfeld schneller und fast vollständig ab.
Warum hat die Geschwindigkeit in x-Richtung keinen Einfluss auf die Fallzeit?
Wir können die Bewegung von Kugel (1) in zwei Komponenten zerlegen:
- Bewegung in x-Richtung – x-Komponente
- Bewegung in y-Richtung – y-Komponente
Das Superpositionsprinzip
Beide Bewegungen überlagern sich ungestört. Das ist das Superpositionsprinzip, bzw. das Prinzip der ungestörten Überlagerung.
Bewegung in x-Richtung
- Bewegung in x-Richtung: gleichförmige Bewegung vx=konstant
- sx=vx · t
- ax=0
Bewegung in y-Richtung
- Bewegung in y-Richtung: gleichmäßig beschleunigte Bewegung ay=g
- {\large {{s}_{y}}={{h}_{0}}-\frac{g}{2}\cdot {{t}^{2}}} h0 – Anfangshöhe
Ortsdiagramm
Bisher haben wir Bewegungen in t-s-Diagrammen oder t-v-Diagrammen dargestellt. Um hier aber die Bewegung des waagerechten Wurfs zu verfolgen, wählen wir eine neue Darstellungsform, ein Ortsdiagramm. In Ortsdiagrammen stellen wir auf der Abszisse (x-Achse) die Bewegung in x-Richtung und auf der Ordinate (y-Achse) die Bewegung in y-Richtung dar.
Um sy in Abhängigkeit von sx darstellen zu können, müssen wir die Zeit t durch sx ersetzen.
{\large \displaystyle \begin{array}{l}(1)\,\,\,{{s}_{y}}(t)=h-\frac{g}{2}{{t}^{2}}\\(2)\,\,\,{{s}_{x}}(t)={{v}_{x}}\cdot t\,\,\,\,\,\,\,\Leftrightarrow \,\,\,\underbrace{t=\frac{{{s}_{x}}}{{{v}_{x}}}}_{in\,\,Gleichung\,1\,einsetzen}\end{array}}
{\large \displaystyle \begin{array}{l}\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,{{s}_{y}}(t)=h-\frac{g}{2}\,\cdot \,{\color{Red} {{t}^{2}}}\\\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,{{s}_{y}}({{s}_{x}})=h-\frac{g}{2}\cdot {\color{Red} \frac{s_{x}^{2}}{v_{x}^{2}}}\end{array}}
GeoGebra Animation
Mit der folgenden Animation kannst du verschiedene Szenarien des waagerechten Wurfs simulieren. Sie eignet sich auch, um die Berechnungen der Beispiele unten zu überprüfen.
Beispiele / Rechnungen
Das Sprungbecken habe eine Länge von 12 m. Berechne, wie schnell Max höchstens am 10 m Sprungbrett anlaufen darf, damit er noch im Becken landet.
{\large\begin{array}{l}geg.:\,\,h=10\,m\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,ges.:\,{{v}_{{{x}_{\max }}}}\\\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,g=10\,\frac{m}{{{s}^{2}}}\\\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,{{s}_{{{x}_{\max }}}}=12\,m\end{array} }
Da die Bewegungen in x- und y-Richtung gleichzeitig ablaufen, ist die Zeit t für beide Bewegungen gleich. Wenn Klaus auf dem Wasser auftrifft, dann ist auch die Bewegung in x-Richtung beendet.
Daher berechnen wir zunächst die Fallzeit.
{\large\displaystyle \begin{array}{l}{{s}_{y}}(t)=h-\frac{g}{2}{{t}^{2}}\\\\Auftreffen\,\,\,auf\,\,\,dem\,\,\,Wasser\,\,\to \,{{s}_{y}}=0\\\\0=h-\frac{g}{2}{{t}^{2}}\\t\,=\sqrt{\frac{2\cdot h}{g}}\\t\,=\sqrt{\frac{2\cdot 10\,m\cdot {{s}^{2}}}{10\,m}}\,\,\,=\,\sqrt{2\,{{s}^{2}}}\,\approx \,1,41\,s\end{array}}
Klaus trifft nach ca. 1,4 s auf dem Wasser auf.
Da Klaus nicht weiter als 12 m in x-Richtung „fliegen“ darf, setzen wir diese Zeit in die Gleichung der gelichförmigen Bewegung ein.
{\large\displaystyle \begin{array}{l}{{s}_{{{x}_{\max }}}}={{v}_{{{x}_{\max }}}}\cdot t\\\\{{v}_{{{x}_{\max }}}}\,=\,\frac{{{s}_{{{x}_{\max }}}}}{t}\\\\{{v}_{{{x}_{\max }}}}\,=\,\frac{12\,m}{1,41\,s}\,\,\,\,\,=\,8,5\,\frac{m}{s}\end{array}}
Klaus darf mit einer Geschwindigkeit von maximal 8,5 m/s anlaufen, um noch im Becken zu landen.
Stelle die Bewegung von Klaus mit der Tabellenkalkulation des TR oder in EXCEL graphisch dar.
Gib die Werte in die Tabellenkalkulation des TR oder EXCEL ein. Die Screenshots hier zeigen die Eingabe am CASIO-ClassPad. Weitere Infos findest du hier.
- Eingabe der Zeiten in einem sinnvollen Intervall
- Berechnung der Strecke in x-Richtung. Da es sich hier um eine gleichförmige Bewegung handelt, gilt:
{\large{{s}_{x}}={{v}_{0}}\cdot t\,\,\xrightarrow{in\,\,EXCEL}\,[=A4\cdot \$B\$1] }
3. Berechnung der Strecke in y-Richtung. Da es sich hier um eine gleichmäßig beschleunigte Bewegung (v0=0 ; s0=h=10 m) handelt, gilt:
{\large {{s}_{y}}=h-\frac{a}{2}\cdot {{t}^{2}}\,\,\,\xrightarrow{in\,\,EXCEL}\,\,\,[=10-5\cdot A4\hat{\ }2] }
Unter welchem Winkel treffen die waagerecht geworfenen Körper auf dem Boden auf?
Um den Auftreffwinkel zu bestimmen, müssen wir die Geschwindigkeitskomponenten vx und vy des geworfenen Körpers kennen.
Die Komponente vx entspricht der Geschwindigkeit, mit der der Körper abgeworfen wurde.
vx = v0
Die Komponente vy ergibt sich aus der Fallgeschwindigkeit des Körpers.
vy=g·t
Wie ►08 zeigt, entspricht die resultierende Geschwindigkeit vres der Diagonalen im Rechteck, dass von den Geschwindigkeitskomponenten vx und vy aufgespannt wird.
{\large {{v}_{res}}=\sqrt{v_{x}^{2}\,\,+\,\,v_{y}^{2}}}
Jetzt lässt sich der Winkel α einfach über den Tangens berechnen.
{\large \begin{array}{l}\tan \left( \alpha \right)=\frac{Gegenkathete}{Hyputenuse}\\\\\tan \left( \alpha \right)=\frac{{{v}_{y}}}{{{v}_{x}}}\end{array}}