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Speicherkondensator in der Fahrradbeleuchtung

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Die Fahrradbeleuchtung funktioniert normalerweise über einen sogenannten Dynamo. Wenn sich die Räder drehen, dann wird über den Dynamo eine Spannung induziert und die Lampen leuchten. Neuere Fahrräder verfügen auch über eine Standlichtfunktion. Auch wenn sich die Räder nicht drehen, leuchten die Lampen (wenigstens das Rücklicht) weiter. 

Radverleiher in den Bergen werden eher auf batteriegetriebene Lösungen ohne fahrtbremsenden Dynamo ausweichen, aber für einen Fahrradverleih in Cuxhaven, an der flachen Nordsee, ist der Dynamo mit Standlicht eine kostengünstige Sicherheitsmaßnahme.

Bild 01 Fahrrad mit Standlicht // R. Stb

Wie funktioniert das Standlicht?

Statt einer Glühlampe, wird bei neueren Fahrrädern für die Beleuchtung eine LED verwendet. LEDs benötigen im Gegensatz zu Glühlampen bei gleicher Helligkeit einen deutlich kleineren Stromfluss. Als erstes schauen wir uns die technischen Daten des Rücklichts an. Wir schätzen, dass die LED am Rücklicht mit einer Spannung von ca. 5 V betrieben wird. Der Strom, der durch die LED fließt, betrage im Standlichtmodus ca. 5 mA. (vgl. Stromfluss durch LED) Wir wollen, dass das Standlicht für mindestens 60 s leuchtet.

Bei allen hier angegebenen Werten handelt es sich um Schätzwerte. Die Spannung könnte ebenfalls 4 V bis 10 V betragen und das Leuchten der LED wäre auch bei 2 mA schon gut sichtbar. Es geht hier aber nur um Größenordnungen.

►03 In der Lampe ist ein Kondensator verbaut. Kondensatoren haben die Eigenschaft Ladungen zu speichern. Wenn sich der Dynamo nicht mehr dreht, dann kann für eine begrenzte Zeit die LED vom Kondensator versorgt werden.

Zum Modellexperiment

Der klassische Plattenkondensator aus dem Physikunterricht hat eine Plattenfläche von 172 cm2.

Wir wählen einen Plattenabstand von 1 mm. Wie groß ist dann seine Kapazität C und wie viele Ladungen Q kann er tragen, wenn der Kondensator mit einer Spannung von 5 V geladen wird?

02 Plattenkondensator

Berechnung:

{\large  \left. \begin{array}{l}Q=\sigma \cdot A\\\\\sigma =\frac{{{\varepsilon }_{0}}\cdot U}{d}\end{array} \right\}\,\,\,\,\,\,\,Q=\frac{{{\varepsilon }_{0}}\cdot U}{d}\cdot A  }

{\large   \begin{array}{l}Q(1\,mm)=\frac{8.85\cdot {{10}^{-12}}\,A\cdot s\cdot 5\,V\cdot 172\cdot {{10}^{-4}}{{m}^{2}}}{V\cdot m\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,0,001\,m}=\,0,75\cdot {{10}^{-9}}\,C=0,75\,\,nC\\\\\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,Einheiten:\,\,\left[ Q \right]=1\frac{A\,\,\,s\,\,V\,\,{{m}^{2}}}{V\,\,m\,\,m}=1\,\,As=1\,C\end{array} }

An der Gleichung ist schnell zu erkennen, dass die Menge der speicherbaren Ladungen Q, für größere Abstände kleiner wird. Q~1/r

 

Wie lange können wir mit der Ladung 0,75 nC die LED betreiben?

Wir hatten angenommen, dass durch das Rücklicht ein Strom von 5 mA fließen soll. Allgemein ist der Zusammenhang von Stromfluss und Ladung:

{\large  Q(t)=\int{I(t)\,\,dt}\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,oder\,\,\,kurz\,\,\,I\,=\,\dot{Q} }

{\large  \dot{Q}}   (sprich „Q Punkt“) steht dabei für die zeitliche Ableitung der Ladung nach der Zeit.

Zur Vereinfachung gehen wir von einem konstanten Stromfluss aus.

Dann gilt:

{\large  \begin{array}{l}Q=I\,\,\cdot \,\,t\\\\t=\,\,\frac{Q}{I}=\frac{0,75\,\cdot {{10}^{9}}\,As}{0,005\,A}\,=1,5\cdot {{10}^{-7}}\,s\end{array}}

Die LED würde also nur 150 ns leuchten. Das ist nicht sichtbar. Zwischen der erwarteten Zeit (60 s) und der berechneten Leuchtzeit liegt der Faktor 400 Mio.

Wir benötigen also einen Kondensator, der mehr Ladungen speichert.

{\large  \begin{array}{l}Q=I\cdot t\\Q=0,005\,A\,\,\cdot \,60\,s\\Q=0,3\,C\end{array} }

Wir benötigen einen Kondensator, der mindestens die Ladung von 0,3 C speichert.

Im Bild ♦03  ist der Kondensator deutlich zu erkennen.

03 offenes Rücklicht // R. Stb

Beim Entladen des Kondensators nimmt auch seine Spannung ab. Das soll in den folgenden Berechnungen nicht berücksichtigt werden. Solange die Spannung an der LED größer ist als die Durchbruchspannung ULED, wird die LED bei ausreichend Strom leuchten.

Zur Berechnung der Spannung geht es hier.

a) Kapazität des verwendeten Kondensators

{\large  \begin{array}{l}C={{\varepsilon }_{0}}\cdot \frac{A}{d}\\\\C(1\,mm)\,=\frac{8,85\cdot {{10}^{-12}}\,A\cdot s\,\cdot \,\,172\cdot {{10}^{-4}}\,{{m}^{2}}}{V\cdot m\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,0,001\,m}\,\,=\,1,5\cdot {{10}^{-10}}\,F=150\,pF\\\\\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,\,Einheiten:\,\,\left[ C \right]=1\frac{A\,\,s\,\,{{m}^{2}}}{V\,\,m\,\,m}=1\frac{A\,\,s}{V}=1\,F\end{array}  }

Der Plattenkondensator hat eine Kapazität von 150 pF.

b) Kapazität des benötigten Kondensators

{\large   \begin{array}{l}C=\frac{Q}{U}\\\\C=\frac{0,3\,\,As}{5\,V}=0,06\,F\,\,=\,60\,mF\end{array}  }

Der Kondensator benötigt eine Kapazität von mindestens 60 mF. Das ist 200 Mio mal mehr, als die Kapazität, die unser Kondensator liefert.

Bei dieser Berechnung haben wir aber noch nicht den Mindeststrom und die Mindestspannung für die LED berücksichtigt. Das passiert hier.

Wie können wir die Kapazität des Kondensators erhöhen?

Hypothesen:

  • Vergrößerung der Plattenfläche
  • Verkleinerung des Abstands

Beide Hypothesen sind theoretisch tragfähig und lassen sich unmittelbar an den Gleichungen verifizieren. Die benötigte Vergrößerung der Kapazität um den Faktor 200 Mio  ist aber praktisch (im Fahrradrücklicht) nicht umsetzbar.

Es gibt eine weitere Möglichkeit. Wir können zwischen die Platten ein Material einbringen, ein Dielektrikum.

Bisher sind wir stets von einem Vakuum zwischen den Platten ausgegangen. Wie verändert sich das Speichervermögen und die Kapazität des Kondensators, wenn wir ein Material zwischen die Platten bringen?

Das wird auf der folgenden Seite – Plattenkondensator und Dielektrikum– untersucht.

Wie im Bild 04 zu erkennen, hat der  verwendete Kondensator eine Kapazität von 1 F.

04 Kondensator am Rücklicht

Schaltung zur Standlichtfunktion

Die nebenstehende Schaltskizze ♦05 zeigt einen funktionellen Aufbau für die Standlichtfunktion am Fahrrad.

Hinweis: Die Schaltung ist vereinfacht, funktioniert aber. 

05 Standlichtschaltung

Die Wechselspannung vom Dynamo wird am Greatz gleichgerichtet. An den Punkten (+) und (-) kann eine pulsierende Gleichspannung abgegriffen werden.

Der Kondensator wird geladen. Wenn der Kondensator vollgeladen ist, dann stellt er für die Gleichspannung einen  unendlich großen Widerstand dar.

Das Standlicht können wir simulieren, indem wir die Spannungsquelle bzw. den Dynamo von der Schaltung trennen. Der Kondensator wirkt jetzt wie eine Gleichspannungsquelle. Die LED leuchtet, solange die Spannung am Kondensator höher ist, als die Durchbruchspannug UD der LED.